Zerfließende Gallertträne, Strubbelkopfröhrlinge, Herrenpilze und eine Menge Tipps für fast 70 Schwammerlsucher und -begeisterte

Förster Andreas Arnold als Wildenreuth fasziniert Teilnehmer aus ganz Bayern online für heimische Pilze

Erdstern: Gabi Lingl
Erdstern: Gabi Lingl

Genuss hat viele Formen und manchmal zudem skurrile Namen, auch wenn es um Pilze geht. Das war nach dem 90-minütigen Vortrag von Förster Andreas Arnold allen Online-Teilnehmern klar. Eindrücklich klar wurde auch, dass es gerade bei Pilzen, die man nicht mit zweifelsfreier Sicherheit und langer Routine als Speisepilz erkennt, eindeutig sicherer ist, sich an ihnen anders zu erfreuen, als heiß und fettig aus der Pfanne. Denn die Bestimmung von Pilzen ist eine Kunst, die man wohl nie vollständig beherrschen kann. Dafür gibt es einfach viel zu viele: 5 000 Großpilze in Mitteleuropa und insgesamt global wohl mehrere Millionen Pilze unterschiedlichster Gestalt: Sogar von den Herrenpilzen, die wir als Steinpilz bezeichnen, gibt es gleich mehrere Arten.


Pfifferling: Andreas Arnold
Pfifferling: Andreas Arnold

Zudem pocht der Schwammer an sich auch noch oft auf seine Individualität und will partout nicht immer so ausschauen, wie es das (oft schon etwas angegraute) Pilzbuch will. Deshalb kann Andreas Arnold sein Publikum auch nicht oft genug warnen, vorsichtig zu sein, denn viele Pilze sind giftig oder werden es, wenn man sie zu lange liegen lässt oder falsch transportiert.

 

Genießen konnte man diese an diesem Montagabend aber dennoch ... wenn auch vor allem optisch und akustisch in den Erzählungen des Wildenreuther Pilzkenners, der schon als Kind seine Begeisterung für Pilze entdeckte und ihr über die Diplomarbeit über holzzersetzende Pilze im Studium bis hin zur Ausbildung als Pilzberater danach  konsequent treu blieb. 

Zwergerlfeuer: V. Bauer
Zwergerlfeuer: V. Bauer

Optisch werden die gewohnt saftigen Eierschwammerl vom lodernden Gelb-Orange des Zwergerlfeuers oder dem knalligen Rosa des Blutmilchpilzes überstrahlt, der angestochen wirklich blutrote Flüssigkeit abgibt. 


Flacher Lackporling / Malerpilz: Andreas Arnold
Flacher Lackporling / Malerpilz: Andreas Arnold

Hinsichtlich der dekorativen Kappenstruktur kann mit dem Strubbelkopfröhrling eigentlich nur sogenannte "Malerpilz" mithalten ... aber auch nur mit der Unterseite der Kappe, denn auf ihr kann man buchstäblich Bilder malen.

Die intensiven Gerüche unserer heimischen Pilze mögen zwar den ein oder anderen Milch-Brätling-Fan wie Andreas Arnold selbst schon das Wasser im Munde zusammenlaufen, aber für die Parfümerie ist dieser ockergelbe Pilz mit seinem heringsartigem Fischgeruch wohl ebenso wenig geeignet wie der giftige Satansröhrling mit seinem Aasgeruch.

Mit ihrem metaphorischen und ausgefeilten Namen glänzen können dagegen sehr viele Schwammerl, z. B. der Pantherpilz, dessen Stiel in der Fachsprache in "Bergsteigersöckchen" steckt, der Erdstern, den die Zuschauer sogar in rosa sehen konnten oder eben die zerfließende Gallertträne, deren Name einen schon emotional berührt. 

Blutmilchpilz: Gabi Lingl
Blutmilchpilz: Gabi Lingl

Dennoch ist dieser wohl häufigste Pilz unserer Wälder wohl kaum jemandem vor diesem Abend bekannt gewesen, denn für ihn gab es - anders als für zahlreiche andere - keine kulinarischen Tipps vom Förster, denn das besondere ist nicht, dass man ihn essen kann, sondern das, was er und viele seiner Weißfäule-Kollegen essen:


Zerfließende Gallerträne: Andreas Arnold
Zerfließende Gallerträne: Andreas Arnold

Sie gehören zu den Destruenten und können etwas, was kaum andere Lebensformen auf der Welt beherrschen: Sie können Holz zersetzen und sind dabei um Längen effizienter als Bakterien. So leisten sie allen anderen Lebewesen einen vielfach unterschätzten Dienst. Ohne sie wäre Leben auf der Erde so nicht möglich.  

Manche dieser Destruenten übertreiben es dann aber mit der Geschwindigkeit ihrer zersetzenden Arbeit und sind daher im Forst ein wenig gefürchtet. Das gilt für den von einigen durchaus geschätzten Hallimasch und noch mehr für den Brandkrustenpilz, die jeweils eine Lieblingsbaumsorte haben.

Steinpilz/Herrenpilz: V. Bauer
Steinpilz/Herrenpilz: V. Bauer

 

Dem Genuss an den tiefgehenden und stets anschaulich und spannenden Erzählungen des Referenten taten aber auch diese Informationen keinen Abbruch, denn Pilze sind nicht nur Parasiten und Symbionten von Pflanzen, sondern können so viel mehr. So hat vielleicht der Birkenporling dem Ötzi beim Selbst-Entwurmen geholfen und der Zunderschwamm wurde über Jahrhunderte zum Feuermachen genutzt. Wer könnte da noch anders als sich für diese Lebewesen zu begeistern, die uns als Tieren biologisch näher sind als den Pflanzen?

(Text: V. Bauer) 

Nebelkappen: Andreas Arnold
Nebelkappen: Andreas Arnold
Zunderschwamm: Andreas Arnold
Zunderschwamm: Andreas Arnold
Boviste: V. Bauer
Boviste: V. Bauer

Literaturtipps:

Auf eine Veröffentlichung des Powerpoint haben wir aus organisatorischen und rechtlichen Gründen verzichtet.