Die Bedeutung von Totholz und seiner Bewohner

Ein Artikel von Simone Schaller im Neuen Tag

Das Wasserwirtschaftsamt Weiden fällt in diesen Tagen entlang der Dämme des Flutkanals 15 große Pappeln, weil dies aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Hochwasserschutzes erforderlich ist.

 

Einige dieser Pappeln werden dann nicht entfernt, sondern auf einer Höhe von 3-4 Metern gekappt. Die senkrechten Stämme sollen als Biotopbäume stehen bleiben. Der LBV begrüßt diese Bemühungen, denn die Anreicherung unserer ausgeräumten Landschaft mit Totholz ist sehr wichtig. Vor allem auch in unseren Wäldern fehlen diese horizontalen und vertikalen Strukturen, da wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen. Darüber hinaus wird abgestorbenes Material nach wie vor aus den häufig monostrukturierten Altersklassenwäldern sofort entnommen, in den letzten Jahren auch noch verstärkt durch die große Nachfrage für die Hackschnitzelheizungen.

 

Totholz ist naturschutzfachlich sehr wertvoll, v.a. wenn es von anbrüchigen Altbäumen stammt. An und in einer Buche, dem Spitzenreiter was die Artenvielfalt angeht, können z. B. bis zu 1.190 Pilz- und 98 Insekten- und Milbenarten leben. Pappeln geben immerhin bis zu 421 Pilz- und 189 Insekten- und Milbenarten Heimat. Dazu kommen zahlreiche Käferarten mit ihren Larvenstadien, Spinnen aber auch Moose. Die abgestorbenen oder gefällten Bäume bieten Nahrungs-, Nist- und Versteckmöglichkeiten für viele Vögel (z. B. Spechte, Meisen oder Trauerschnäpper) und Wohnraum für viele Fledermausarten, Amphibien, etc. Die heiße Diskussion um den Juchtenkäfer beim Bau des Bahnhofs Stuttgart 21 dürfte manchem noch lebhaft in Erinnerung sein.

 

 


 Senkrechtes Totholz wird übrigens von anderen Käfern und Insekten besiedelt als liegende Stämme, hinter feuchter Rinde leben andere Arten als hinter trockener. Deshalb ist es so wichtig, die unterschiedlichsten Strukturen anzubieten. Die meisten dieser Insekten und Käfer stehen auf der Roten Liste und sind stark gefährdet, z. B. verschiedene holzbewohnende Wildbienen- und Wespenarten: haben Sie schon einmal etwas von Löcherbienen, Holz- und Blattschneiderbienen oder Goldwespen gehört oder von Rosenkäfern, die ebenso wie der Juchtenkäfer, zu den holzzersetzenden Arten gehören, die nur in alten Bäumen leben und sich vermehren können?

 

Unsere heimische Insekten- und Käferfauna ist so vielfältig und größtenteils noch so wenig erforscht und bevor wir dies tun werden, ist ein Teil davon vermutlich schon wieder ausgestorben. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, da wir die Bedeutung der verschiedenen Tierarten in unserem Ökosystem nicht ansatzweise kennen.

 

Nun zurück zu den aus Unterhaltungsgründen notwendigen Fällarbeiten des Wasserwirtschaftamtes: der LBV begrüßt das Belassen von alten Pappeln als einen gewissen Ausgleich für die gerodeten Bäume. Je größer die Anzahl der Totholzbäume auf den Dämmen sowohl stehend als auch liegend ist, desto besser. Auch die Wurzelstöcke sind wichtige Habitatstrukturen für viele Larven. Da der Totholzabbau von Pappeln wegen des weichen Holzes bereits nach 10 – 20 Jahren beendet ist, ist mit dem Wasserwirtschaftsamt abgesprochen, dort wo es möglich ist, auch ein paar Eichen- oder Buchenstämme senkrecht und waagrecht zu lagern. Beispielsweise an der neuen Ausgleichsfläche beim Dücker ist die Verkehrssicherheit kein Problem und es könnte sich aufgrund der wesentlich längeren Totholzabbauzeit von 50 -80 Jahren noch wertvollere Insekten- und Käferfauna ansiedeln. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass solches Holz nicht bei einem Hochwasser verdriftet und z. B. an Brücken und Durchlässen zu gefährlichen Verklausungen respektive Rückstau führt. Daher können solche Stämme grundsätzlich nur außerhalb des Überschwemmungsgebietes verleiben. Anderenfalls müssen sie aufwändig mit Pflöcken oder Seilen gegen aufschwimmen gesichert werden.