Mythologisch hat sie einen schlechten Ruf, die Sense. Im Garten kann sie allerdings nicht nur zur Lebensretterin für viele kleine Tiere werden, sondern sie ist auch eine kostengünstige Möglichkeit für Gärtner, sich einen Teil der Arbeit von der Natur selbst abnehmen zu lassen und dennoch nicht auf blühende Vielfalt verzichten zu müssen. Ganz leicht macht es einem die Sense allerdings nicht.
Im Prinzip könnte es so einfach sein: Aus einem nur grünen Rasen kann sich auch im privaten Garten eine blühende Wiese entwickeln, wenn man NICHT zu häufig mäht, weiß Susanne Schwab vom LBV Luhe (Vogelgartenbeauftragte), wo sich neben dem Feuerwehrhaus bereits im ersten Jahr viele Blühpflanzen ausbreiten konnte, weil nicht gemulcht, gedüngt und selten gemäht wurde. Wenn die Fläche noch nicht abgemagert ist, kann es manchmal auch etwas länger dauern und einen häufigeren Abtransport von Mähgut erfordern, bis die hübschen Wildkräuter sich gegen das fette Gras durchsetzen können, wenn man nicht mit einen regionalen Saatmischung nachhilft.
Voraussetzung dafür, dass sich wilde Blühpflanzen in unseren Gärten wohlfühlen, ist dann allerdings … und das ist Simone Schaller von der LBV-Naturschutzgruppe Weiden-Neustadt und Umgebung wichtig: Wenig mähen! Am besten einmal oder höchstens zweimal möglichst spät im Jahr und gestaffelt, nicht alles auf einmal. Denn nur so bekommen blühende Kräuter und Gräser, die Gelegenheit zum Aussamen und Vermehren und man gibt auch den zahlreichen Insekten mit mehrjährigem Entwicklungszyklus eine Chance, die sonst schon in einem frühen Stadium ihrer Entwicklung kleingehäckselt und abtransportiert werden.
Weniger mähen, weniger Arbeit, weniger Lärm, mehr Artenvielfalt und Tierschutz … Wie kommt es dann, dass solche Blühflächen in den Nordoberpfälzer Gärten dennoch selten sind? Der Teufel liegt wie immer im Detail und der praktischen Umsetzung. Ist das Gras einmal kniehoch, lässt es sich mit einem herkömmlichen Rasenmäher kaum mehr in den Griff bekommen.
Eine Lösung könnte ein Rückgriff auf eine Methode aus den letzten Jahrhunderten sein: Die Sense. Sie ist günstig, leicht lagerbar, Co2-neutral, nahezu lautlos im Einsatz und tötet im Gegensatz zum Rasenmäher nicht massenweise Heuhüpfer und andere Insekten, die nicht schnell genug fliehen können.
Deshalb hat sich die LBV-Naturschutzgruppe Weiden-Neustadt und Umgebung vorgenommen, dieses Wissen ein wenig unter die Leute zu bringen und sie hat mit Ingolf Miny (von Innenausbau Miny in Neustadt) einen geübten Senser im Team, der bereits im Alter von 11 Jahren auf dem heimischen Bauernhof gleich ganze Hektar auf diese Weise gemäht hat. „Wenn man sensen kann, sieht der Rasen nachher auch wirklich sauber geschnitten aus … wie mit einem Rasenmäher“. Beim ersten Sensen-Kurs sieht die bearbeitete Fläche allerdings noch eher gerupft als gemäht aus, aber da muss man halt üben.
Für einen sauberen Schnitt muss die Sense scharf, immer wieder mit dem Wetzstein nachbehandelt und vorher ordentlich gedengelt sein. Deshalb wollen sich die Naturschützer auch bald mal zu einem Dengel-Kurs treffen.
Die alte Kulturtechnik des Sensens bringt also ein paar Hürden mit sich, die man allerdings nicht gleich für die ganze Gartenfläche überwinden muss. „Es geht nicht um alles oder nichts. Wenn ein Teil des Gartens als Rasen genutzt wird, weil dort Kinder spielen, der Grill oder die Liege steht, dann muss da gemäht werden“, findet auch Naturfreund Wolfgang Winter. „Vielfalt ist immer Reichtum“ und auf kurz gemähten Flächen kann unser Stadtvogel Nummer 1, die Amsel, ihre Regenwürmer auch viel besser hören und aufspüren (vgl. dazu Bernhard Kegel: Tiere in der Stadt). In jedem Garten gibt es wohl aber am Rand, in ausgewählten zentralen Bereichen als Margeriteninsel oder hinter dem Apfelbaum Gelegenheit, der Natur einfach mal ein Stück Rasen zu überlassen und dann zu dokumentieren, was sich über die Jahre tut. Nach und nach kommen Klee, Wegwarte, Wilde Möhre, Königskerze, Habichtskraut, Natternkopf, Rainfarn und viele andere. Mit ihrem Wurzelwerk halten diese Blüher auch den Boden feuchter und sind in Zeiten des Klimawandels eine gute Alternative zu verbranntem, braunem Gras. Sicher ist wohl nur, dass die Fläche jedes Jahr anders aussieht, denn in der Natur gibt es kaum Stillstand.
Als „Sahnehäubchen“ für die Tierwelt sollte man dann auch noch prüfen, ob man sich überwinden kann, an ein paar Stellen die trockenen Stauden-Stängel bis in den April/Mai des nächsten Jahres stehen zu lassen. „Denn in den dürren Pflanzen überwintern unglaublich viele Insekten, die sonst im Kompost landen“ (Wolfgang Winter) und „die Samen stellen im Winter für viele Vögel eine wichtige Futterquelle dar“ (Simone Schaller).
Wenn es dann summt, zirpt und blüht im Garten, dann weiß man, dass die Naturschutzpartnerin „Sense“ das mühsame Kennenlernen und den Schweiß doch wert sein kann.