Auch wenn man Flügel hat, ist die Flucht nicht die einzige Möglichkeit, sich seinen Feinden zu stellen. Das beweist diese gerade einmal 12-14 cm große Vogel, dessen ungewöhnliche Abwehrstrategie ihm seinen Namen verpasst hat. Denn bei Gefahr drehen und nutzen Wendehälse ihre Nackenmuskeln, winden ihre Köpfchen in skurrilen Bewegungen, strecken ihre unglaublich lange Zunge dem Feind entgegen und schaffen es sogar, ein Zischen hören zu lassen. Sie versuchen, eine Schlange zu imitieren und in Tatjana Rolles Garten war dieser kleine Spechtvogel damit sogar erfolgreich. Die Katze war lange genug irritiert, dass Tatjana ihm eine Fluchtmöglichkeit verschaffen konnte.
Mit seinen Verwandten, den Spechten, hat der Wendehals aber schon optisch wenig gemeinsam. Er trägt kein leuchtendes Rot wie der Buntspecht am Unterschwanz oder der Grünspecht am Kopf, sondern setzt hier eher auf Tarnung.
Auch was die Schnabellänge betrifft, kann er nicht mithalten und das muss er auch nicht, denn der Wendehals lässt die harte Arbeit, keine große Nisthöhle in einen Baum zu klopfen, dann doch lieber andere erledigen. Es ist ein "sekundärer Höhlenbrüter" und darauf angewiesen, dass sich in seinem Lebensraum auch angemessen große Nisthöhlen finden lassen. Und groß ist hier tatsächlich wichtig, denn durchschnittlich zieht ein Wendehals hier ca. 9 kleine Jungvögel auf einmal groß und da passt nicht jeder kleine Nistkasten.
Hier setzen Klaus Brünner, Michael Stengl, Erhard Korzer und Anita Schäffer vom LBV Roth-Schwabach an, um dem Wendehals zu helfen. Und das ist auch nötig. Denn die Bestände sind in den letzten Jahren beständig zurückgegangen, so dass dieser markante Kleinvogel inzwischen in Bayern auf der roten Liste steht. In Mittelfranken bieten Sandgruben einen idealen Lebensraum für den Wendehals, denn er braucht offene Flächen und sehr viele Ameisen, die er sich genussvoll mit seiner langen Zunge angeln kann.
In Mittelfranken wurden inzwischen in einem groß angelegten Wendehals-Projekt in Zusammenarbeit mit Forst und UNB unzählige geräumige, artspezifische Nisthilfen angefertigt und angebracht, wo natürliche Höhlen fehlen. Der Erfolg spricht für sich. Innerhalb von drei Jahren konnten 41 Bruten erfasst werden mit einem Nesterfolg von fast 80% (vgl. Brünner / Rödl 2018) Weil die Mittelfranken innerhalb weniger Stunden nach Anfrage schon bereit waren, unsere Oberpfälzer LBV Naturschutzgruppe Neustadt-Weiden mit allen nötigen Startinfos zu versorgen, können jetzt auch hier erste Nisthilfen entstehen und ein - freilich deutlich kleineres Projekt startet.
Wichtig ist den Schwabacher um Klaus Brünner allerdings, dass der Wendehalsschutz langfristig nicht bei der Bereitstellung von Nisthöhlen stehen bleiben darf, wenn man den "drastischen Schwund der Population längerfristig [...] verhindern [will[. Bestände des Wendehalses werden nur dann zu retten sein, wenn auch passende Lebensräume in ausreichender Zahl und Größe zur Verfügung stehen. Das heißt,
magere Lebensräume mit niedriger und vielfältig strukturierter, krautiger Vegetation, dazwischen offene Böden, auch Randstrukturen und Ruderalflächen. Solche Lebensräume mit entsprechend guter Eignung für die bevorzugten Ameisen der Gattungen Lasius und Tetramorium (u. a.) müssen erhalten und wiederhergestellt ggf. aufgewertet werden. Der Verzicht auf Pestizid- und Düngeeinsatz und der Einsatz von nur extensiver Mahd – besser extensiver Beweidung – können diese Ameisenbestände fördern. Das ist eine Hauptvoraussetzung für das erfolgreiche Brüten von Wendehälsen." (Brünner/ Rödl 2018: S. 49)
Fotos: Fredy Voss, Bericht: Verena Bauer
wissenschaftliche Quelle: Brünner, Klaus / Rödl (2018), Thomas: Erfolgreiche Bestandsstützung beim Wendehals Jynx torquilla in den ostmittelfränkischen Sanden, in: Ornithol. Anz., 57, S. 45–51, hier: S. 49.