(25.9.22): Erstaunliches zeigen drei Stiche mit einem ganz normalen Pflanzspaten in den Boden rund um das Schätzlerbad: Die Teilnehmer*innen der bodenkundlichen Exkursion blicken an drei Stellen nicht nur auf der völlig unterschiedlich gefärbte Bodenschichten. Sie sehen in dem, was wir sonst undifferenziert als "Erde" wahrnehmen, auch drei verschiedene bodengeschichtliche Entwicklungen, die alle in Urzeiten zurückreichen.
Ganz in der Nähe der Aue ist unter einer kleinen Schicht verrottenden Laubs und Obermaterial nur eine ganz dünne Schicht, in der die Nährstoffe reichen, um einer gewissen Vielfalt des Lebens Raum zu bieten. Darunter findet sich Sand, der Wasser und Nähstoffe nicht halten kann. Etwas weiter aufwärts bietet der Boden schon mehr. Um das zu erkennen, müssen die Teilnehmer*innen der Exkursion aber nicht zwangsläufig nach unten sehen. Denn die Baumarten über uns verraten eine Menge über die Bodenzusammensetzung.
Eindeutigere Hinweise liefert allerdings der bodennahe Bewuchs, denn im Gegensatz zur Baumwelt mischt sich hier der Mensch wenig in die Vegetation ein.
Während früher Fichten für die Verwertung gezielt gepflanzt oder in jüngerer Vergangenheit im Sinne des Waldumbaus mehr auf Laubholz gesetzt wird, suchen sich Drahtschmiele und Pfeifengras ganz von selbst einen geeigneten Platz und das Hauptkriterium für diese Wahl ist: die Bodenbeschaffenheit. Dass auch die Existenzformen menschlicher Gesellschaften nicht unabhängig vom Boden sind, macht Wolfgang Winter an spannenden historischen Exkursen deutlich. Die Zusammensetzung der braunen Masse unter unseren Füßen entscheidet eben nicht nur, wo man weich wie auf Wolken über einen schwingenden Waldboden schreiten kann (in der Mooslohe dank Torfuntergrund) und wo der Tritt auf etwas härteren Untergrund fällt (in der Sauerbach-Aus dank Lehm).
Der Boden entschied auch, wo menschliche Siedlungen ursprünglich überhaupt eine ausreichende Schicht zur Ernährung fanden oder wo er wirtschaftliche Anreize bot. Hier z.B. für den Torfabbau. Unterwegs über ein Gebiet, das während des 2. Weltkriegs als Arbeitslager zur Torfnutzung genutzt wurde, wird allen interessierten Teilnehmer*innen bewusst, wie weitreichend der Dreck unter unseren Füßen Flora, Fauna, Gesellschaft und nicht zuletzt die Ökologie beeinflusst, denn so schön sich der Torf in den Händen im Vergleich zum Sand mit Kies an der ersten Stichstelle dieser bodenkundlichen Tour auch anfühlt: Alle Teilnehmer*innen sind froh, dass der Torf hier nicht mehr klimaschädlich abgebaut und verbrannt wird. Dieser wichtige Klimagasspeicher gehört nirgends anders hin als in den Boden zu erhaltender Moore und sollte auch nicht in Gärten landen.
Text und Bilder: V. Bauer