Die Liebe zu "Flechten" hat in Nordbayern Tradition ... zu Recht!

© Johannes Bradtka: Caldonia digitata
© Johannes Bradtka: Caldonia digitata

Sie können als Bärte von den Bäumen hängen, sich als Krusten an Zweige, Baumstämme oder Steine heften oder kugelförmig, laubblättrig, strauchig auftreten und sind im Wald oft ein Zeichen, dass es, was Umweltgifte  und Stickstoffbelastung angeht, noch einigermaßen passt. Denn viele Flechten reagieren empfindlich auf schwefelhaltige Säure.

 

Ihr Rückgang sollten uns ein Mahnmal sein, dass endlich mehr und effektiver für den Schutz der Artenvielfalt unternommen werden muss. Das wird an diesem Abend beim Vortrag des Flechten-Experten Johannes Bradtka sehr deutlich.

Aber die Doppelstrukturen aus Alge und Pilz haben auch jenseits ihrer Vielgestaltigkeit unsere Begeisterung verdient und das hat in Nordbayern tatsächlich eine Tradition, die Johannes Bradtka mit seinem Online-Vortrag am 3.2.22 für die LBV-Kreisgruppe Neustadt-Weiden und viele weitere Gäste aus ganz Bayern lebendig hält.

© Johannes Bradtka:  Usnea dasyoga
© Johannes Bradtka: Usnea dasyoga
© Johannes Bradtka: Peltigera horizontalis
© Johannes Bradtka: Peltigera horizontalis

Mit seinem Vorgänger, dem Wunsiedler Heinrich Christian Funck, einem Botaniker, Apotheker und präzisen Flechtenbeschreiber aus dem 18. Jahrhundert, teilt Bradtka die wissenschaftliche Neugier an den Fähigkeiten der Flechten und den Willen, ganz genau und über Jahre kontinuierlich hinzusehen, um die Vielfalt dieser kleinen Organismen beschreiben und unterscheiden zu können.  

Und die Flechten enttäuschen niemanden, der sich näher mit ihnen beschäftigt, denn sie können viel: Sie entwickeln einen wenige Millimeter dicken UV-Schutz für die Algen in der Mitte, konnten und wurde lange als zentrale Färbestoffe eingesetzt, produzieren z.T. fraßhemmende Stoffe, immer Alkohol zum Selbstverzehr und manchmal Gifte von einer Intensität, die in kleinsten Dosen auch für große Säuger tödlich sein können. Es sind eindeutig mehr als nur "fetzenartige Auswüchse von Bäumen" wie sie ca. 300 Jahre vor Christus erstmals ein Theophrastos beschreibt. Es sind kleine Wunder der Natur, denen Johannes Bradtka am liebsten konkret draußen auf der Spur ist. Auch diese Begeisterung teilt er mit Heinrich Christian Funck, der über das Fichtelgebirge - seine Heimat - sagt: „Es ist mein Paradies, wegzugehen wäre ein Sünde“. Auf diesen Spuren wollen sich auch die Zuhörer dieses Abends möglichst bald begeben. Raus in die Natur, zu den Flechten im Steinwald und Waldnaabtal - zusammen mit Johannes Bradtka am 4.6.22. Denn die Flechten sollte man nie nur für sich betrachten. Auch das wird in dieser informativen Stunde sehr deutlich. Denn das eigentlich Spannende ist die Verflechtung der Flechten im Ökosystem. Und das gilt nicht nur für die gern gefressene Rentierflechte, sondern für viele andere, die als Nistmaterial für Vögel, als Unterschlupf für Insekten, als medizinischen Hilfsmittel für manche Tiere und vieles mehr dienen. Sie sind unverzichtbarer Teil einer Biodiversität vor unseren Augen, für deren Erhalt es sich lohnt zu kämpfen, da stimmen am Ende alle dem begeisternden Referenten Johannes Bradtka zu, der gleich mit Anfragen weiterer Naturinteressierter bestürmt wurde.

© Alle Bilder urheberrechtlich geschützt. Johannes Bradtka. Text: V. Bauer